Regionale Landwirtschaft ist weiterhin unverzichtbar
Region. - „Die regionale Landwirtschaft sieht sich derzeit auf mehreren Feldern von der Politik alleingelassen. Drei Bereiche sind da - das Tierwohl, der Pflanzenschutz und der Wolf“, sagte der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Altenkirchen, Josef Schwan, auch unter Bezug auf die Nachbarkreise Neuwied und Westerwald, beim Gespräch mit dem heimischen CDU-Bundestagsabgeordneten Erwin Rüddel.
Der Parlamentarier, dessen Eltern selbst Landwirtschaft betrieben, ist von Kind an mit der Materie vertraut. Eine Forderung lautet, dass Fleisch auch zukünftig aus Deutschland kommen muss. Dies vor dem Hintergrund, dass der im Verhältnis zur Nachfrage überproportionale Rückgang der Fleischproduktion in Deutschland alarmierend ist.
„Leider bleibt Minister Özdemir ein tragfähiges Gesamtkonzept zur Haltungskennzeichnung schuldig. Dies wäre dringend nötig, um den landwirtschaftlichen Tierhaltern in Deutschland in dieser Krise den Rücken zu stärken und einer drohenden Importabhängigkeit entgegenzuwirken. Investitionen in Tierwohlställe gibt es nur mit einer auch langfristig gesicherten finanziellen Unterstützung sowie mit Änderungen im Bau- und Immissionsrecht“, merkte Rüddel an.
Der Kreisbauernvorsitzende wurde deutlich: „Ganz klar, Tierwohl muss sein! Fakt ist aber, unsere Tierproduktion wird beispielsweise nach Südamerika verlagert. In Brasilien wird u.a. deshalb Regenwald gerodet. Bei uns hingegen werden Standards und Kosten immer höher gesetzt, so dass wir dies kaum mehr erfüllen können. In manch anderen Ländern fragt keiner nach Standards und auch nicht nach genfrei. Zudem sollte der Ukraine-Krieg Warnung sein, dass wir uns nicht weiter abhängig machen.“
Absolut praxisfern ist für den Landwirtschaftsvertreter und ebenso für den Bundestagsabgeordneten die EU-Richtlinie zu Pflanzenschutzmitteln. Die führe zu geringeren Ernten und niedrigerer Qualität in der Landwirtschaft, was im Ergebnis die Importabhängigkeit erhöhe und die Welternährung gefährde. Deshalb komme ein solch ideologiegeleiteter Vorschlag zur Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln eindeutig zur Unzeit.
Sachverständige hätten die massiven Auswirkungen des Richtlinienentwurfs schonungslos dargelegt. „Brüssel und Berlin müssen aber die Grundlage dafür schaffen, dass wir unsere Ernährung selbst sichern können. Dafür braucht es praxistaugliche Ansätze, jedoch kein weiteres Bürokratieungeheuer“, lautet eine Forderung.
Denn auf europäischer Ebene laufe inzwischen ein Überbietungswettbewerb für immer strengere Regeln, die den Landwirten auferlegt werden. Welche Folgen diese Regulierungswut habe, darum kümmere sich niemand. Aussagekräftige Folgeabschätzungen lägen nicht vor. Hier sei die Ampel-Regierung gefordert, sich in Brüssel dafür einzusetzen, dass vor allem die Vorgaben für den Pflanzenschutz praxistauglich sind.
„Beim Pflanzenschutz muss und sollte man mehr auf regional landschaftliche Besonderheiten achten. Große Flächen werden bei und von uns schon diesbezüglich bewirtschaftet“, konstatierte Schwan, dem es „richtig Bauchweh“ bereitet, wenn er Natura 2000 Gebiete im Blick hat. „Dazu wurde uns damals zugesagt, dass wir diese Flächen weiterhin nach guter landwirtschaftlicher Praxis bewirtschaften können. Jetzt zieht uns Brüssel die Schlinge um den Hals, indem wir keine Pflanzenschutzmittel mehr rausbringen dürfen“, ärgert es den Kreisbauernvorsitzenden.
Einig waren sich Josef Schwan und Erwin Rüddel darin, dass da, wo es möglich ist, selbstverständlich weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden sollen. Voraussetzung sind aber technische Innovationen, die beschleunigte Zulassung moderner Pflanzenschutzmittel und die finanzielle Unterstützung der Landwirtschaft. Eine drohende Gefährdung insbesondere von kleinen und mittelständigen bäuerlichen Betriebe sei nicht hinnehmbar und müsse vermieden werden.
„Bedingt durch jahrzehntelange Bewirtschaftung haben wir die Rahmenbedingungen erst geschaffen. Jetzt drängt sich der Eindruck auf, dass deutsche Gründlichkeit in Brüssel abgestraft wird“, konstatierte Josef Schwan und fügte hinzu: „Ohne Umdenken in Brüssel wird unsere Ernährungssouveränität in Deutschland und in Europa leiden.“ Erwin Rüddel ergänzte: „Dass sich die Bundesregierung öffentlich immer noch nicht klar positioniert, ist ein weiteres trauriges Zeugnis des Ampel-Zanks.“
Ein weiteres Problem im Wahlkreis des Bundestagsabgeordneten sehen Nutz- und Weidetierhalter in einer Bedrohung durch den Wolf, mit seiner Populationszunahme von rund 30 Prozent jährlich. Rüddel betonte, dass der Schutz von Menschen, Nutz- und Weidetieren beim Umgang mit dem Wolf und anderen Beutegreifern an erster Stelle kommen müsse und dass dies für Politiker keine hohle Floskel sein dürfe. Es brauche konkrete politischer Taten, wie die Einführung von wolfsfreien Zonen und einer entsprechenden Bestandsregulierung.
„Das Bundesumweltministerium darf nicht weiter auf abstrakte europäische Regelungen und internationale Verpflichtungen verweisen. Offensichtlich will Bundesministerin Lemke bestehende rechtliche Spielräume nicht nutzen. Ferner will sie offensichtlich auch nicht in Brüssel auf grundlegende Änderungen am Schutzstatus des Wolfes drängen. Kurzum: In einer weiteren nicht regulierten Ausbreitung des Wolfes in Deutschland sieht sie kein Problem. Daraus lässt sich nur schließen: Die Ängste der Menschen sind ihr egal“, bekräftigte Erwin Rüddel.
Im Bild: Bundestagsabgeordneter Erwin Rüddel und Kreisbauernvorsitzender Josef Schwan
Foto: Archiv Reinhard Vanderfuhr / Büro Rüddel